Sendschreiben nach Sibirien

Tief in Sibiriens Schächten sollt
Ihr stolz das schwere Schicksal tragen
Denn nicht vergeht, was Ihr gewollt,
Nicht Eures Geistes hohes Wagen.

Des Unglücks milde Schwester. trägt
Die Hoffnung in die nächt'gen Räume
Des Kerkers lichte Zukunftsträume,
Bis die ersehnte Stunde schlägt.

Durch alle festen Schlösser dringt
Die Lieb' und Freundschaft treuer Seelen,
So wie in Eure Marterhöhlen
Jetzt meine freie Stimme klingt.

Die Fesseln fallen Stück für Stück,
Die Mauern brechen. Freies Leben
Begrüßt Euch freudig, und es geben
Die Brüder Euch das Schwert zurück.

Alexander Puschkin, 1827

Antwort auf
Puschkins Sendschreiben nach Sibirien

Es trafen von des Sehers Saiten
die hellsten Laute unser Ohr.
Wir gierten, mit dem Schwert zu streiten,
doch fanden wir nur Ketten vor.

Stolz, Barde, sind wir auf die Ketten
und stolz auf unsere Kerkernacht.
Auch wenn wir tausend Wächter hätten,
würd heimlich doch der Zar verlacht.

Denn unser Leid wird fruchtbar sein.
Aus Funken wird die Flamme schlagen,
und unser gläubig Volk wird ein
geheiligt Banner tragen.

Aus Ketten wird ein Schwert! Entfacht
mit uns erneut das Freiheitsfeuer!
Gestürzt wird dann des Zaren Macht,
und alle Völker atmen freier.

Alexander Odojewski, 1827

Puschkins Gedichtet richtet sich an die Freunde, die nach dem mißglückten Dekabristenaufstand nach Sibirien verbannt worden waren.